Titel: Mentor
Autor: callisto24
* * *
Von Anfang an.
Es war immer schwer, jemanden zu etwas zu überreden, was er nicht tun wollte. Noch schwieriger, wenn es sich bei demjenigen um das eigene Kind, sprich die eigene Tochter handelte. Doch was war zu tun, wenn die Betreffende von vornherein alles, und wirklich alles ablehnte? Und was sollte er tun, wenn ihm die Beweggründe und die Gefühle an sich so vertraut waren, dass nichts leichter wäre, als diesen ohne weitere Zweifel und Umschweife nachzugeben.
Natürlich konnte er ihnen nicht nachgeben, wusste er doch nur zu gut, und auch aus eigener Erfahrung, wohin Verhalten wie dieses letztendlich führte. Zur Vermeidung von allem und jedem, sämtlicher Risiken und damit auch sämtlicher Erfolge, sämtlicher Möglichkeiten jene Erfolge zu sammeln und damit, letztendlich sich zu dem Menschen zu entwickeln, als der man gedacht war.
Es führte dazu, dass die Entwicklung als solche abgelehnt wurde, ebenso wie jedwede Tendenz in einer entsprechenden Richtung.
Doch langsam konnte er nicht mehr. Hatte es doch schon vor langer Zeit begonnen, im frühesten Alter, begann mit der Erkenntnis erwähnter Tochter, dass Gefahren da draußen existierten, die es zu meiden galt. Und natürlich besaß sie diese Erkenntnis oder Veranlagung nicht von ungefähr, sondern übernahm sie direkt von ihm. Nein, auch er vollbrachte nichts. Niemals. Risiken waren ihm eine Gräuel und er unternahm keinerlei Ansätze einer Anstrengung, deren sofortiger Sinn und Zweck sich ihm nicht sofort erschloss.
Wieso sollte er sich also wundern, dass sein kleines Mädchen sich weigerte zu versuchen, was er, der Große, der Vater ihm vor die Nase hielt.
Es erschöpfte ihn. Er wusste es, dass er der Schuldige war, mit seiner Schlamperei, seiner Pflichtvergessenheit, seiner Haltlosigkeit. Er zeigte eindeutig verantwortlich dafür, dass trotz aller Bemühungen nichts von Erfolg gekrönt sein konnte. Kein bisschen, kein Stückchen, verpuffte Zeit, Energie, verschleudertes Geld. Sie tauchte nicht auf, sie würde nie auftauchen. Es war zum Heulen. Richtig zum Heulen. Und er war schuld. Er hatte versagt, als Mentor versagt. Er hatte sie verraten.
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