Freitag, 1. Januar 2010

Warum ich mit Heroes Schluss machen sollte ...

Die Männer und ich oder warum ich mit Heroes Schluss machen sollte.
Spoilerwarnung für Heroes, Staffel 4!
Blödsinnwarnung für sensible Gemüter!

Ehemänner

Vor nicht allzu langer Zeit stolperte ich über den treffenden Vergleich zwischen einer Fernsehserie und einer komplizierten Beziehung. Soweit, eine solche Partnerschaft zu nennen, würde ich noch nicht gehen, aber andererseits sind schon merkwürdigere Dinge besprochen worden.

Das Prinzip ist einfach: Man ersetze den Partner, wenn man so will, mit der betreffenden Serie und ist dann verwundert, welch eine Unmenge an Parallelen sich dabei auftun.
Kurz und gut, der Gedanke blieb mir hängen, ließ mich nicht mehr los. Und das während der turbulenten Achterbahnfahrt, durch die mich meine letzte große Liebe führte.
Glücklicherweise habe ich diese Liebe nicht geheiratet, was aber wohl hauptsächlich daran liegt, dass man eine Fernsehserie nicht heiraten kann - noch nicht.

Vergleichsweise handelte es sich um eine kurze Beziehung, nichtsdestotrotz allerdings um eine besonders intensive und komplikationsreiche.
Man kann sogar behaupten, dass einige Kinder aus ihr hervorgingen. Und ich spreche nicht nur von Fanfiction, sondern von der Inspiration zu längeren, tragischen Werken, allesamt kaum vorzeigbar und vor allem nicht jugendfrei.
Vergessen wir aber auch nicht die Affäre, die sich anbahnte, sobald erste Klippen in unserer heilen Welt auftauchten.

Ich spreche natürlich von „Heroes“, einer großen Liebe, einer großen Enttäuschung und starken Gefühlen, die immer noch einer Klärung bedürfen.
Der Abschied schmerzt, und das muss er wohl auch, zumal es kein Abschied für immer sein kann.

Denn natürlich werde ich die Serie bis zum bitteren Ende sehen, einerseits da die eine Hälfte meines anbetungswürdigen Bruderpärchens noch am Leben ist, und ich nun sein tragisches Ableben erwarte – vermutlich vergeblich. Aber ich hatte ja schon erwähnt, dass es sich um eine komplizierte, schwierige Beziehung handelt.
Und andererseits, weil es in meiner Natur liegt, die Dinge zu einem Ende zu bringen, koste es was es wolle.

Dem Abschied hilft auch nicht, dass unsere Beziehung in allererster Linie auf Äußerlichkeiten basiert, dass, kurz und deutlich gesagt, die feste Grundlage fehlt. Ganz zu schweigen von Vertrauen oder beiderseitigem Verstehen.
Letztlich bleibt auslösender Faktor die Attraktivität der Hauptdarsteller, bei weitem kein ausreichender Grund, jedoch auch einer, der nicht verschwindet. Und obwohl Attraktivität nicht direkt stört, erwarte ich doch in der Regel mehr, unersättlich wie ich bin.

Zudem sollte gesagt werden, dass ich noch nie eine oberflächliche Beziehung unterhalten konnte, demnach auch keine Erfahrung in der Beendigung derselben besitze.
Vielleicht klammere ich mich deshalb an die hübschen Schlafzimmeraugen bestimmter Protagonisten. Eine Art letztes Aufbäumen kindlicher Unbekümmertheit, bevor ich den ernsthaften, den verantwortungsbewussten, den vernünftigen Weg wähle.

Und dann gehört Attraktivität in der Riege der TV-Serien Beziehungen schlichtweg dazu. Schließlich handelt es sich um reine Fantasie. Und warum sollte man sich seine Fantasie nicht so hübsch wie möglich gestalten?

Schönheit liegt natürlich im Auge des Betrachters. Wäre ja auch traurig, denn sonst wollte letztendlich noch jede Frau und jeder Mann „Heroes“ ehelichen.
Und die Serie gehört mir.
Ich meine natürlich, sie gehörte mir.
Vergangenheit. Man muss loslassen können, Abschied nehmen, so sehr es auch schmerzt.

Vielleicht liegt das ganze Drama nur darin, dass ich für derart erschöpfende Beziehungen, für solch wirre Konstruktionen zwischenmenschlicher Interaktion zu alt bin, zu müde, zu ausgelaugt.
Und dabei sollte „Heroes“ mir doch eigentlich nur dabei helfen, über die sich lang und breit anbahnende Trennung von meinem getreuen und mehr oder weniger pflichtbewussten Gemahl „24“ hinwegzukommen.
Alle guten Dinge haben ein Ende, und Jack Bauer begleitete mich nun mal über viele, lange Jahre hinweg. Treu und zuverlässig, ein Fels in der Brandung. Es war eine große Liebe, eine fruchtreiche, aber Serienlieben unterliegen nun einmal einem Verfallsdatum.
Vielleicht liegt es daran, dass sich der menschliche Körper alle 5-7 Jahre erneuert, vielleicht wird die Geschichte auch nur einfach langweilig. Vielleicht habe ich so viele Geschichten über Jack gelesen und geschrieben, dass sich beim besten Willen keine Facette der Figur mehr entdecken lässt, die nicht schon gründlich durchgekaut und zufrieden wieder ausgespuckt wurde.
Wie gesagt, alle guten Dinge haben ein Ende, und Erfahrung im Bereich des Lebens in Symbiose mit einer Fernsehserie lehrte mich bereits in jungen Jahren, dass dieses Ende früher oder später eintrifft.

Natürlich fällt der Serienabschied immer schwer, stürzt der Zurückgelassene, also ich, in ein dunkles Loch, ohne Begeisterungsstürme, ohne die vibrierende Spannung, die der Gedanke an Kommendes auslöst.
Es bleiben wehmütige Erinnerungen, und das Gefühl der Endlichkeit. Lektionen fürs Leben.

Aber wer gibt sich der Wehmut schon freiwillig hin. Man sucht nach Ablenkung. Und ganz ehrlich – so schwer ist es nicht, diese zu entdecken. Nicht mit Hilfe der Verfügbarkeit heutiger Medien.

Sicher, auch Jack war kein einfacher Lebensgefährte. Wir hatten unsere Auseinandersetzungen, gerade in politischen Dingen. In Fragen der Moral und einer gewissen menschlichen Ethik.
Im Rausch der Gefühle sieht man darüber hinweg, wenn der Geliebte unhaltbare Dinge tut. Man sucht Entschuldigungen, Erklärungen. Man diskutiert und verzeiht, heißt Annäherungen seinerseits durchaus willkommen.
Und Jack war ja bemüht, sich zu ändern. Er versuchte wenigstens bis zu einem gewissen Grad, sein innerstes, reaktionäres, gewalttätiges Ich im Zaum zu halten, und dem Menschlichen in sich Raum zu gewähren. Ein innerer Kampf, der seine eigene Faszination besitzt.

Aber auch er reichte nicht aus.
Also tat ich, was nur allzu verständlich ist. Ich verfiel dem ersten, besten, gutaussehenden Mann, der mir das bot, was ich von jeher bevorzugte.
Genau, dunkle Haare und dunkle Augen. Gaben, die nicht zu unterschätzen sind, vor allem, wenn man sich jahrelang mit blond und blauäugig beschäftigte.

Ich bemühte mich ernsthaft um die Ablösung. Zuvor bemühte ich mich ernsthaft bei Jack zu bleiben.
Weil man für eine Beziehung kämpfen muss.
Und weil er mir gut tat. Jack stellte genau die Art von aggressivem, durchsetzungsfreudigen Charakter dar, der mir selbst vollkommen fremd ist, wenngleich vielleicht auch nur aus Gründen der gesellschaftlich propagierten Unterdrückung von Gefühlen, Ambitionen, Wut oder Kraft.

Wie dem auch sei. Ich wanderte über das kleine, gemütliche Fandom, „Kieferlou“, welches den Jack, den ich kannte und liebte, mit dem exotisch-erotischen, gutaussehenden Lou Diamond Phillips oder besser gesagt mit verschiedenen Charakteren, die diesem auf den Leib geschrieben waren, verknüpft. Filme, Serien, Stoffe, die ein Leben lang reichen sollten.
Aber es nicht taten, da meine Partnerin im Verbrechen, die Person, die mich von den Qualitäten eines kleinen, exotischen Fandoms überzeugen konnte, verstarb.
Ja, man darf auch in einem Bericht wie diesem, der vor Unsinn und Irrsinn überquillt, vom Tod sprechen. Dieser gehört zum Leben, ebenso wie eine Begeisterung, die Berge bewegen kann, oder wie in diesem Fall, ihren Weg über die Ozeane dieser Erde sucht.
Wie auch immer, eine gewisse Trauer trieb mich dann von diesem ergiebigen und facettenreichen Fandom fort. Ich behalf mir mit dem auf halbem Wege entdeckten „Numb3rs“, immerhin schon ein Schritt in die richtige Richtung. Was die Sache mit den dunklen Haaren und dunklen Augen angeht.
Zudem wurde mir der Bruderslash zu einem Begriff. Und seien wir ehrlich, Numb3rs ist ein niedliches Fandom. Im Grunde ist es derart niedlich, gibt es derart wenig daran auszusetzen, dass es in unserer Beziehung an den notwendigen Stolpersteinen und Hürden mangelte, die das Interesse erst so richtig und zu glühender Hitze entfachen.

Ich mag Numb3rs, sehr sogar. Ein netter Begleiter, und ein vertrauenswürdiger Lieferant schöner Geschichten. Familie, Freude, Eierkuchen. Jedoch nicht mehr.

Ehrlich gesagt, kann ich nicht sagen, was mich in die Arme von Heroes trieb, denn ich verstehe es immer noch nicht. Aber das haben Freunde, die den so oft zitierten schlechten Einfluss ausüben, wohl allesamt gemein. Man kann ihnen nicht widerstehen, und das, obwohl man es eigentlich besser wissen sollte.

Kurz gesagt, es waren seine Augen, also Nathan Petrellis Augen. Gepaart wohl mit der Langeweile in der auslaufenden Beziehung mit Jack.
Zudem hatte ich Nachholbedarf, mein Interesse war geweckt.
Es galt sich in ein Fandom einzufinden, Neues zu entdecken, inspiriert und angeregt durch eben diese hübschen, dunklen Augen, umrahmt von köstlich langen Wimpern inmitten eines fabelhaft gut geschnittenen und vertrauten Gesichts. Ich verliebe mich nun mal gerne in Männer, die mir schon lange bekannt sind. War Jack ehemals Goldlöckchen im Cowboy-Outfit, so kannte ich Nathan bereits gut in seiner Aufgabe als Augenweide in verschiedenen Gastrollen, bevor mich das Herzflattern packte.
Alles passte, der Körper, die Erscheinung, der schwungvolle Gang, das seidige Haar. Also die Dinge, auf die es in einer Beziehung ankommt.

Nun gut, der Charakter war etwas fragwürdig, ein zwielichtiger Politiker, der hin und wieder wie eine Rakete in die Luft schießt? Nicht dass ich etwas von Spezialeffekten verstünde, aber das besaß durchaus einen eigenartigen Beigeschmack.

Doch nicht umsonst lehrte mich Jack Bauer, Held der Superlative, über Kleinigkeiten hinwegzusehen und mich auf das Große und Ganze zu konzentrieren. Und zwar auf die Möglichkeit wie wunderbar, wie fabelhaft sich dieser Charakter in Geschichten verarbeiten lässt und wie exzellent sich ein Adonis wie dieser zu Zwecken der Verslashung eignet.
Es waren demnach wohl mehr die Fanfictions, gepaart mit dem unwiderstehlichen Äußeren des einzigartigen Nathans, die mich in Abhängigkeit und damit in Schwierigkeiten stießen.
Denn was nur als kleiner Flirt nebenbei, als willkommene Abwechslung, während meine eheähnliche Gemeinschaft mit Jack in Frieden endete und eine neue Liebe am Horizont erschiene, geplant war, wuchs sich zu einer handfesten Obsession aus.

Wie gesagt, ich plante klein. Auch weil ich mir bereits ausmalen konnte, dass Heroes letztendlich kaum ein Fandom für mich war.
Cheerleader und Kinder, die Comichelden spielen reichen für gewöhnlich nicht aus, um mich zu fangen. Und nach wie vor schenke ich den meisten Handlungssträngen der Serie nicht die geringste Aufmerksamkeit.
Nathan, Noah, Angela, das war meine Welt. Oh ja, ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, in denen ich klar feststellte, dass Nathans kleiner Bruder mir nichts sagte, sei er doch viel zu jung für mich.

Welch ein Trugschluss. Denn unglücklicherweise kommt der aufmerksame Zuschauer nicht an Nathan vorbei, ohne sein Brüderchen zu bemerken. Und schon gar nicht, wenn man in Bezug auf den großen Petrelli ernsthafte Bindungsabsichten verfolgt.

Und dann ist da das Fandom, die Menschen, die sich auskennen, die Interviews, Bilder und Auftritte dokumentieren und dem Neuzugang, also mir, zugänglich machen.
Und schon hing ich an der Angel. Denn nicht nur, dass Nathan, beziehungsweise sein reales Ich, ein lustiger Typ ist, er spielt auch gerne mit seinem Serienbruder eine Unterhaltungsshow für geneigte Fans.

Ich war verloren. Die beiden, ob Serie oder Auftritt sind schlichtweg unwiderstehlich und verwandelten meine junge Liebe zu Heroes in eine aufregende Erlebnisreise. Während derer ich nicht anders konnte, als auch Peter zuzugestehen, dass er seine Vorzüge besitzt, trotz der fehlenden Reife, die ein richtiger Mann nun mal vorweisen sollte.
Also, ein Mann, der alt genug ist, dass ich guten Gewissens von ihm schwärmen kann.
Solange man so etwas guten Gewissens tut.

Wie gesagt, Männer unter vierzig laufen eigentlich unsichtbar nebenher, für mich zumindest, und bis zum Auftreten Peters jedenfalls.
Aber selbstverständlich gebe ich gerne wieder Heroes die Schuld, und der Art und Weise wie die Serie meine Liebe zu Nathan zermürbt hat. Diese Charakterwandlungen, das ständige Ableben und die viel zu kurze Sendezeit, reichten schon aus, um meine Nerven zum Zerreißen zu spannen. Dann die Gerüchte und die sorgsam ausgestreuten Hinweise – die Hoffnungen und Wünsche – die Träume von einer glücklichen Zukunft – mit Nathan in der Hauptrolle – zerstört, ruiniert, missachtet.
Die stärkste Ehe hält so etwas nicht aus.

Von Jack war ich inzwischen vollkommen abgekommen, hatte ihn schnöde verlassen, was diesen, erstaunlich genug, kaum getroffen hat. Aber der Mann ist eben hart im Nehmen.
Ganz im Gegensatz zu anderen Leuten, solchen wie Nathan und Peter.
Ich liebe Emotionen, viele, viele, ausgelebte Emotionen, dafür lebe ich – in Serien, Filmen und Büchern zumindest.
Aber wie soll ich es ausdrücken: Die Jungs kriegen sich nicht in den Griff. Und in diesem Fall – also da könnte ich auch einen Blick auf mein eigenes Leben werfen. Das ist zu nah an der Realität. Auf die Reihe bekomme ich auch nichts, mit der Materie kenne ich mich aus, und es hilft mir auch nicht weiter, Leuten zuzusehen, die sich wieder und wieder zugrunde richten, es nicht einmal merken, und dann noch tiefer sinken.

Nicht Nathans Schuld, nicht Peters Schuld – oh ja, ich verzeihe den Liebhabern, die mich schlecht behandeln, welch ein Klischee – ganz davon abgesehen, dass es sich bei beiden um erfundene Charaktere handelt, die in Wirklichkeit gar nicht existieren. Man sollte sich dies vielleicht hin und wieder ins Gedächtnis rufen.
Nein – es ist wohl die Schuld des Serienkonzeptes, das darauf beruht, mengenweise Darsteller zu verheizen, während es sich auf blonde Teenager, diverse angedeutete und reichlich vage Nebenhandlungen, die nichts, aber auch gar nichts mit den Petrellis zu tun haben, konzentriert.

Ergo kann ich niemandem ernsthaft einen Vorwurf machen. Niemandem außer mir, die ich mich wissentlich und willentlich auf diese unglückselige Affäre eingelassen habe. Oh ja, ich liebe Adrian – also Nathan – also Adrian – und ich habe immer alles gesehen, was er spielte, und was wir in Hinter-Unter-Tupfingen zu sehen bekamen. Und ich werde auch in Zukunft alles sehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob uns mit Ausnahme dieser starken, äußerlichen Anziehungskraft noch viel verbindet. Wenigstens nicht genug für ein dauerhaftes Glück.

Und nicht anders ist es auch wohl zu erklären, dass ich schon nach den ersten Enttäuschungen, den ersten Abweichungen Nathans vom rechten Pfade, damit begann, mich nach etwas Jüngerem umzusehen.
Ich – die ich so etwas zutiefst Anstößiges niemals mit meinem Gewissen vereinbaren könnte.

Aber ganz ehrlich – Peter ist eben niedlich. Knuddelig, sensibel, ein bisschen dämlich. Einfach süß. Nicht zu vergessen, er besitzt ein riesiges Plus: er lässt sich die Haare wachsen.
Und seien wir ehrlich: was gibt es Hübscheres, als einen Mann mit langen, dunklen Haaren?
Natürlich gibt es das – einen Mann mit langen, dunklen Haaren und ausdrucksstarken Augen. Und Milo Ventimiglia weiß diese einzusetzen. Diese Augen besitzen extremes Dahinschmelz-Potential. Ein Glück für Milo, dass ich ihm nie im wirklichen Leben begegnen werde. Wer wischte wohl freiwillig die Pfütze auf?

Aber das wusste ich alles noch nicht, weigerte mich darüber nachzudenken, in meinem verzweifelten Klammern an Nathan.
Doch Klammern treibt den Geliebten nur weiter in die Ferne. Also fand ich mich einsam, alleine und frustriert mit der Serienpause und der Frage um Leben und fragwürdiges Überleben des Charakters wieder.

Nicht dass es sich um etwas Neues handelte. Es wurde nur von Mal zu Mal anstrengender.

Ja, es ging um Nathans Existenz. Und ist es ein Wunder, dass man sich gerade im Umgang mit existentiellen Fragen nach etwas Leichtigkeit sehnt?

Es begann ganz unschuldig. Ich wollte doch nur einen Blick riskieren, mich umfassend darüber informieren, welche Rollen meine Lieblinge bislang innehielten.
Verweilte ich also zuerst bei Adrians Auftritt in „Für alle Fälle Amy“, so sah ich schließlich noch nach, wie sich Milo als Jess Mariano machte.
Ein ganz dunkles Kapitel meiner Geschichte. Denn eigentlich mag ich „Gilmore girls“ nicht. Es ist noch viel weniger mein Fall als Heroes – dachte ich.
Mit Ausnahme der vielen Lichterketten und einer Reihe kleiner, süßer Ideen, interpretiert mit viel Wortwitz, lässt sich über die Serie diskutieren, ernsthaft, lautstark diskutieren.
Gerade was den Umgang mit so manchem Charakter angeht. Fangen wir gar nicht erst mit Logik oder Fragen der Erziehung an, sondern einfach mit gesundem Menschenverstand, oder der Unvereinbarkeit lediglich angedeuteter komplexer Themen mit einer märchenhaften Seifenoper.

Egal, es blieb düster. Genauer gesagt, ich fiel, oder stürzte mich freiwillig in den Abgrund. Einfach weil Jess Mariano ein so fabelhafter Charakter ist. Material für eine unendliche Anzahl unterschiedlichster Geschichten, Romane, Epen, Filme, Serien und deren Fortsetzungen.
„Gilmore girls“ – eine seltsame, ungeklärte Abhängigkeit. Ehrlich gesagt habe ich mich permanent darüber aufgeregt, über die komische, wundersame Welt, die dort zusammengebastelt wird. Und die dennoch auf eine schräge, kranke Art funktioniert.

Vielleicht ist es die Sehnsucht nach einer längst verlorenen, letztendlich niemals existierten Romantik, die dort verweilen lässt. Vielleicht ist Lorelei einfach berückend schön, so daneben sie auch liegen mag.
Vielleicht funktionieren die Gilmores einfach so perfekt mangelhaft, dass man ihnen nicht fernbleiben kann.

Denn an Jess kann es nicht liegen. Der Kleine ist so unwiderstehlich, dass man ihn zu gerne ein wenig knuddeln möchte, ihm versprechen, dass alles gut wird. Und wenn er nicht zuhört, weil er so niedlich widerspenstig ist, dann wünscht man sich, ihn zu adoptieren, und ihm mit Hilfe alles mühsam erworbenen pädagogischen Wissens all die Flausen auszutreiben, die ihm von den kaputten Leuten aus Stars Hollow in den Kopf gesetzt wurden.

Wie auch immer – mit „Gilmore girls“ verband mich eine Hass-Liebe, und natürlich die wachsende Überzeugung, dass Milo Ventimiglia zu Großem imstande ist, wenn man ihn lässt.

Sagen wir es so: viele Auftritte hatte er nun nicht, aber er richtete bleibenden Schaden an. Bei mir wenigstens.

„Gilmore Girls“ tröstete mich ein wenig über den Wahnsinn hinweg, durch den Nathan Petrelli mich katapultierte. Aber sei es, dass Nathan es nicht akzeptierte, dass ich nebenbei mit einer anderen Serie etwas am Laufen hatte. Oder dass mich die ständige Aufregung, das Bangen und Leiden unter ungerechter Behandlung – ob sie nun Nathan oder Jess widerfuhr – an den Rand eines Nervenzusammenbruchs führte – die Wahrheit ist, dass ich beim diesmal wider aller Erwartungen endgültigen Dahinscheidens Nathans schlichtweg nicht mehr konnte.

Ich habe es versucht, aber der Schmerz sitzt zu tief. Weder Fanfiction noch Bilder noch Wiederholungen helfen. Ich bin am Ende, kann nicht mehr, muss dem Leid ein Ende machen.

Einmal sollte ich mir ein Herz fassen, und einen Schlussstrich ziehen. Ich sollte wahrhaftig, sowohl den „Heroes“, als auch den „Gilmores“ verkünden, dass das Ende gekommen ist, dass ich sie nicht mehr sehen will oder kann. Ich sollte Icons, Avatare, Wallpaper und Screensaver löschen, Videos überspielen und DVDs löschen – also wenn ich so etwas könnte.

Aber ich bin schwach, viel zu schwach, ein schwaches Frauenzimmer.
Und natürlich konnte ich noch nie eine Beziehung beenden. Normalerweise warte ich einfach gemütlich ab, bis sie sich ausläuft.
Nur – dass bislang noch keine Beziehung so schmerzhaft war, sich das Ende so überaus qualvoll dahinzog.

Gut, da bleibt immer ein wenig Frust, das besagte schwarze Loch. Aber letztendlich hangelt man sich doch über die Durststrecken, findet einen neuen Sinn im Leben.
Und ist das nicht der Vorteil in dem Beziehungsgeflecht, das sich mit Serien unterhalten lässt? Kein Streit, keine Auseinandersetzung mit irritierenden Ex-Partnern. Die Liebe schläft stattdessen einfach ein.
Es sind nicht viele Worte nötig, noch Gesten oder Abschiede. Irgendwann ist es soweit, man nimmt die Poster von den Wänden, wirft die Zeitungsausschnitte in den Papierkorb und räumt die Videos in die unterste Schublade.

Zumindest sollte es so sein.
So war es bislang. Nicht, dass ich über meine verkrachten Ehen Buch führte, aber so war es.
Da gab es langjährige Beziehungen, gefolgt von Trennungen im gegenseitigen Einvernehmen. Beziehungen wie die mit „Dynastie“, der Faszination von Luxus und Reichtum, „21 Jump Street“, der Aufarbeitung nicht gelebter Jugendträume. Abgelöst von kurzzeitigen aufregenden Affären mit Vampir-Büchern oder Mystery-Serien, „AkteX“ oder „The Legacy“. Schnelllebig, aber ihren Zweck erfüllend.

Ein festes Band verschnürte mich über viele Jahre mit „Buffy“, und auch dieser Abschied fiel nicht allzu schmerzhaft aus, lebte „Buffy“ doch in „Angel“ weiter. Und trotzdem war ich nicht traurig, als sich auch Angels und meine Wege trennten.

Denn – ja, ich bin eine untreue Tomate – ich sah mich bereits nach Neuem um. Und wurde fündig.
Ganz recht, Jack eroberte mein Herz im Sturm. Achtlos ließ ich den guten Spike im Staub liegen und zog mit Jack von dannen.

Vielleicht ist der Schmerz um Nathan nichts als Jacks Rache. Vielleicht verkraftet er meine Untreue, meine mangelnde Verlässlichkeit doch nicht so gut, wie ich dachte, dass er sollte. Ein Kerl wie er.

Nun gut, Jack ist tief innen auch ein Sensibelchen, wir wussten es alle. Lässt man das Geschrei und die Ballerei beiseite, erhalten wir ein emotionales Weichei.

Aber dass er sich mit Nathan verbündet, und die beiden Rachepläne schmieden? Nur weil ich ein Auge auf den kleinen Jess werfe. Also – auf den großen Jess – den, der ein erfolgreiches Geschäft führt, und den Rory trotzdem links liegen lässt.
Das ist ungerecht.
Und außerdem verstehen Jack und Nathan das völlig falsch. Zwischen Milo und mir könnte es nie etwas werden. Mal abgesehen von den Augen. Aber der Junge ist viel zu brav: er ist Vegetarier, trinkt nicht und benimmt sich auch sonst wie ein Kindskopf. Ich meine: das könnte ich sein. Niemals über die Anfänge der Pubertät hinausgekommen.

Mit Jack dagegen verbinden mich die seelischen Abgründe, das latente Drogenproblem. Und mit Nathan der galoppierende Wahnsinn.
Aber der kleine Peter mit dem Heldenkomplex? Da ist nichts. Außer der niedlichen Unterlippe. Und hab ich schon die Augen erwähnt?

Also gut, ich gebe es zu. Ich hab’s verdient.
Jack und Nathan haben recht.
So behandelt man seine Männer nicht.
Erst zerpflücke ich sie ständig in aller Öffentlichkeit – vom Verslashen wollen wir gar nicht sprechen. Und dann lasse ich sie fallen, wie heiße Kartoffeln. Gehört sich nicht. Ist nicht in Ordnung.

Und wenn ich nur eine Spur paranoider wäre, dann ginge ich davon aus, dass auch Peter seine Hände im Spiel hat. Vermutlich unternimmt er deshalb diese eigenwilligen Anstrengungen wie die Belustigung der Truppen, das Nähen von Kleidchen oder andere neckische Zeitvertreibe, zu denen ich keinen Zugang finde. Alles nur um mich zu ärgern.

Das waren noch Zeiten, als ich harmlos Jack hinterherlief, der wenigstens seine Jugend zurückholte, indem er mit Rockbands durch die Gegend tourte.

Aber die Welt bleibt nicht stehen.
Und so heißt es auch für mich nach vorne sehen.

Was habe ich also gelernt: Ein klarer Schnitt, was Nathan, Peter, Jess und sämtliche Gilmores betrifft, wäre wünschenswert.
Doch um dazu die Kraft aufzubringen benötigte ich ernsthafte Unterstützung. Unterstützung, wie sie Jack bieten könnte, Mal sehen, ob er sich überreden lässt, zu mir zurückzukommen. Und ob ich ihn zurück will?

Ist ja nicht so, als bestünden keine Alternativen. Zumindest in der Theorie. Andere Mütter haben auch hübsche Töchter, beziehungsweise, andere Produktionsfirmen haben auch hübsche Serien.

Wie kommt es nur, dass ihnen allen das gewisse Etwas fehlt? Der Funke, die Schmetterlinge im Bauch, der Reiz des Neuen, Unbekannten.

Vielleicht ziehe ich mir einfach noch mal „Numb3rs“ rein.
Vielleicht wird es Zeit sesshaft zu werden, sich zur Ruhe zu setzen.
Und mit der dunkelhaarigen, dunkeläugigen Eppes-Familie ließe sich wirklich leben.
Denke ich.

P.S. Ich bin nicht verrückt.
Nicht sehr.

P.S.P.S. Ich kann Realität vom TV-Alltag unterscheiden. Glaub ich.

P.S.P.S.P.S. Vielleicht hilft es wirklich, wenn ich meinen Desktop-Hintergrund ändere. Letztendlich kann ich keine Krawatten zerschneiden, Koffer auf die Straße werfen oder Briefe verbrennen.
Obwohl ich das nur zu gern täte.

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