Freitag, 31. Juli 2009

Bauer

Titel: Bauer
Autor: callisto24

* * *

Martin langweilte sich. Er langweilte sich furchtbar. Seine Freunde mit ihren allzu vollen Terminkalendern waren an den seltensten Nachmittagen in der Lage, ihm auch nur für ein Stündchen Gesellschaft zu leisten.
Auch wenn Martin sich nach der Schule frei wie ein Vogel fühlte, sein eigener Herr sein durfte, und die volle Bandbreite des seligen Nichtstuns auskosten konnte, so ging ihm die erzwungene Einsamkeit hin und wieder doch gewaltig auf die Nerven. Das ging soweit, dass er manchmal sogar freiwillig seine Hausaufgaben bereits am frühen Nachmittag erledigte. Allerdings ging es auch nicht weiter. Vom freiwilligen Lernen hielt er schon gar nichts, und da seine Mutter eine recht lässige Arbeitsmoral vertrat, blieben ihm unnötige Quälereien wie diese in der Regel erspart.
Alle seine Freunde beneideten ihn um die Freiheit, der er sich erfreute. Doch natürlich sahen sie nicht die Schattenseiten seines Lebens.
Martin hatte niemanden, der ihn abfragte, der ihn ermutigte, oder ermunterte mehr zu tun. Seine Mutter war kaum interessiert daran, dass er die Aufgaben erledigte, sie durchzusehen, zu kontrollieren, oder gar mit ihm zu lernen, kam ihr gar nicht erst in den Sinn.
„Du hast echt so ein Glück“, sagte Stephan manchmal mit einem Seufzer und blickte neiderfüllt Martins hübscher Mutter hinterher, wie sie ihren Friseurkoffer zusammenpackte, und sich auf den Weg machte, die Mütter anderer Söhne in deren eigenem Heim zu verschönern. Natürlich fand diese Arbeit meistens dann stand, wenn die diversen Mütter aus den Klauen von Arbeit oder Schulpflichten befreit sich ihrer Schönheit auch widmen konnten.
Also zu Zeiten, an denen Martin eigentlich nichts zu tun hatte, und ein wenig Gesellschaft, oder jemanden, der für ihn kochte, durchaus zu schätzen wüsste.
Er hatte allerdings schon vor langer Zeit gelernt, dass er sich derartigen Hoffnungen besser gar nicht erst hingab.
Damals fand sich noch hie und da Gesellschaft – in der Siedlung – auf dem Spielplatz oder auf dem Fußballfeld.
Doch jetzt, wo sie alle bereits so groß, so zielstrebig, so orientiert sein sollten, gingen seine Freunde ihren eigenen, sorgsam für sie ausgewählten Hobbies nach.

Und neben Tennis, Klavier, Jiu-Jitsu, Basketball, Englisch oder Französisch, beziehungsweise der bereits in der Grundschule eifrig frequentierten Nachhilfestunden, blieb letztlich nicht genug Zeit, für lange Erkundungen der Welt, für Entdeckungsreisen, die weder einen offensichtlichen Sinn, noch ein spontan auftretendes Ergebnis aufwiesen.
Natürlich wurde ungern über Themen wie Nachhilfe gesprochen, ebenso wie der Begriff Ergotherapie nur von den Lippen übereifriger Mütter purzelten, die sich trotz ihrer vor Scham in den Boden zu versinken drohenden Kinder öffentlich und freimütig über die Möglichkeiten austauschten, aus dem Potential ihrer Sprösslinge das Beste herauszuholen.
Dabei handelte es sich definitiv wieder um Momente, während derer Martin froh war, dass seine Mutter sich aus Dialogen wie diesen geflissentlich heraushielt.
So konnte er sich doch sicher sein, dass sie seine Schmerzgrenze in Bezug auf die Erduldung von Peinlichkeiten nicht allzu sehr strapazierte.
Jedoch in Momenten wie diesem half ihm diese Überzeugung nicht. In Momenten der Einsamkeit und Langeweile war er fast bereit auch eine Herde schwatzender und nervender Mütter zu akzeptieren. Hauptsache sie ließen ihn nicht alleine. Hauptsache, sie versorgten ihn mit der Ablenkung, die er nach einem quälend langen Schultag und in Aussicht auf einen einsamen, öden Abend vor dem Fernseher benötigte.

Aber auch an diesem Nachmittag blieben seine Hoffnungen unerfüllt. Und so schlenderte er weiter als an anderen Tagen, über die Straßen, die er gewohnt war mit seiner Anwesenheit zu beehren, hinaus, bis er an den Rand des Ortes kam, an den Feldweg, der zwischen zwei Feldern direkt zu der großen und dicht befahrenen Straße führten, von der sich fernzuhalten ihm bereits im Kindergarten eingebläut worden war.
Eigentlich sollte er auch den Feldweg nicht betreten, aber Martin beschloss, dass er mittlerweile alt genug war, um Entscheidungen wie diese selbst treffen zu können. Und auf einem Feldweg konnte einem nichts Gefährliches begegnen. Mit Ausnahme eines Hundes vielleicht, der beschloss sich als Beschützer von Land und Leuten aufzuspielen und deshalb Entgegenkommende nach Leibeskräften verbellte.
Martin zuckte mit den Schultern. Selbst wenn. Ein Hund war niemals alleine unterwegs, und außerdem blieb er selbst immer noch größer, als das Größte dieser Exemplare.
Und was wäre das Leben ohne ein wenig Aufregung, ein hin und wieder eingegangenes Risiko?
Nichts, so beschloss Martin, und kickte aufmüpfig einen der lose liegenden Steine vom Wegrand.
Aufmerksam spähte er nach allen Seiten. Zu dumm, dass die meisten Felder schon abgeerntet waren oder sich gerade im Begriff befanden, abgeerntet zu werden. Noch dümmer, weil ihn diese Tatsache daran erinnerte, dass der Herbst eine Unvermeidlichkeit darstellte, und damit miserables Wetter, das ihn zwänge innerhalb der langweiligen vier Wände auszuharren, die er sein Zuhause nannte.

Zu seiner Linken erstreckte sich der kahle braune Boden hässlich bis hinaus zu den Zuggleisen, über die in regelmäßigen Abständen ein Schnellzug donnerte.
Zerfurcht wirkte die dunkle Erde, gleichmäßig durchpflügt, als habe die Erntemaschine gerade erst ihre Arbeit vollendet.
Vermutlich am Vormittag, dachte Martin, und blinzelte über das Feld hinweg. In einigem Abstand glaubte er Gestalten auszumachen, die über die Furchen kletterten, sich hin und wieder bückten, um eine liegengelassene Kartoffel aufzuheben.
Martin wunderte sich jedesmal wieder darüber. Warum sollte sich jemand durch Feld und Matsch kämpfen, wenn er die Kartoffeln doch viel einfacher und sogar bereits praktisch abgepackt aus dem Supermarkt holen konnte.

Ein ähnliches Phänomen wie es im Frühsommer die Erdbeerplantagen darstellten. Martins Mutter hatte ihm mehr als einmal deutlich erklärt, dass sie es nicht einsähe sich in brütender Hitze einer solchen Arbeit auszusetzen. Keine noch so schöne Erdbeere auf der Welt könnte es wert sein, sich den Rücken zu verrenken, indem man selbst pflückte.
Dennoch fragte sich Martin jedes Jahr wieder, wenn er Mütter seiner Freunde und manchmal vereinzelt sogar diese selbst erblickte, wie sie große, prall gefüllte Plastikeimer nach Hause schleppten, und aufgeregt erzählten vom Marmelade-Einkochen oder Biskuitböden-Belegen, ob seine eigene Mutter nicht vielleicht zumindest in diesem speziellen Fall unrecht habe.
Natürlich gab Martin sich lässig. Weder er noch seine Mutter hatten es eben nötig sich mit dem Pflücken von Lebensmitteln oder gar mit der komplizierten Zubereitung derselben auseinanderzusetzen.
Er war sehr zufrieden damit, dass es ihm inzwischen bereits selbst erlaubt war, eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben, oder ein Stück Kuchen vom Bäcker zu holen. Mehr Selbstständigkeit brauchte ein Mann dieser Tage nicht, oder eine Frau, wenn man seine Mutter mitzählen wollte.

Nichtsdestotrotz wog an diesem Tag die Langeweile schwerer als sein natürliches Unbehagen beim Anblick der freiwilligen Erntearbeiten.
Martin verzog sein Gesicht zu einer zugleich entschlossenen und doch leicht angewiderten Grimasse, als er mit den neuen Turnschuhen breitbeinig in das Feld sprang.
Der Boden erwies sich als unnachgiebiger als Martin geglaubt hatte, und beinahe tat es ihm leid, dass er nicht mit dem erwarteten, schmatzenden Geräusch einsank und einen mittelschweren Kampf anstrengen musste, um die am Boden klebenden Füße von ihrer Haftung zu befreien.
Außerdem war es immer wieder ein lustiger Anblick, wenn der Blick seiner Mutter auf verkrustete Schmutzränder an Schuhen und Hosen fiel, sie ihre Augen verdrehte, und mit spitzen Finger und zusammengepressten Lippen versuchte zu retten, was zu retten war.

Doch an diesem Tage sollte es nicht sein. Erstaunlich leichtfüßig kletterte Martin über die aufgeworfene Erde. Von Zeit zu Zeit bückte er sich, wenn auch nur um festzustellen, ob zu seinen Füßen ein besonders hübscher Stein oder gar eine übrig gebliebene Kartoffel lag.
Nicht dass er diese aufhob, oder gar den Stein, aber sie entdeckt zu haben verlieh ihm doch ein wenig Befriedigung, selbst wenn er sich nicht erklären konnte, woher diese rührte.
Martin lief weiter, genoss es mit der Zeit sogar, sich über das unebene Gelände vorwärts zu kämpfen. Es besaß etwas Abenteuerliches, fast Verbotenes, und verbotene Aktionen sorgten doch immer wieder für einen angenehmen Nervenkitzel.

Er sprang über einen Erdhaufen, jedoch nicht hoch genug. Sein Fuß verfing sich in ungewohnt breit aufgetürmter Erde und Martin stolperte, landete unsanft auf den Knien.
Er blinzelte, rappelte sich wieder auf. Nachdem er sich den Schmutz von den Knien gewischt hatte, kniff er die Augen zusammen und sah nach vorne.
Komisch, von diesem Punkt aus konnte er die Eisenbahnlinie gar nicht mehr erkennen.
Martin verzog die Lippen. Auch egal. Spätestens wenn der nächste Zug über die Schienen rappelte würde er wissen, wo diese sich befanden.
Doch als er sich weiter umsah, stieß ihm noch etwas anderes merkwürdig auf.
Nicht nur, dass die vereinzelten Gestalten mit ihren Plastiktüten, die soeben noch so ernsthaft damit beschäftigt gewesen waren zurückgelassene Erdäpfel einzusammeln auf geheimnisvolle Art verschwunden waren, er fand sich auch mit einem Mal Auge in Auge mit einem seltsamen Mann, der ihn unverblümt anstarrte.
Martin starrte zurück, obwohl im zugleich all die Warnungen durch den Kopf rasten, die man ihm eingebläut hatte. Ratschläge darüber, wie man sich möglichst weit entfernt halten sollte von merkwürdig aussehenden Männern mit undefinierten Absichten.
Und doch schien ihm der Mann ebenso entgeistert zu sein, wie er selbst es war. Nein, eigentlich noch entgeisterter.
Martin bemerkte auch, dass sich diese Ecke des Feldes offenbar verändert hatte. Von den gleichmäßigen Furchen war nichts zu sehen. Stattdessen ragten trockene Blätter in die Höhe und wie Martin jetzt erst auffiel, lehnte sich der Fremde gegen einen großen Spaten, als sei er gerade dabei, ein Loch in die Erde zu graben und lege nur eine kurze Pause ein.
Schließlich ergriff der Mann das Wort.
„He, Junge.“ Er musterte Martin von oben bis unten. „Was tust du hier und dann in dieser ausgefallenen Kleidung?“
Erst jetzt fiel Martin auf, dass diesmal nicht er selbst, sondern in Wahrheit der fremde Mann es war, der einer ausgesprochen seltsamen Mode zu folgen schien.
Ein brauner Schlapphut hing ihm weit ins Gesicht und sowohl Hemd als auch Hosen wirkten mehr oder weniger notdürftig zusammengebunden.
Auch der Stoff erschien Martin gröber und von einer Machart, die ihm gänzlich unbekannt blieb, so genau er auch hinsah.
Und doch sah der Fremde ihn an, als sei er es, der sich merkwürdig, oder besser gesagt, vollkommen unangemessen kleidete.
Martin streckte seinen Rücken und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Typ konnte ihm gar nichts.
„Ich geh spazieren“, antwortete er frech.
Der Mann runzelte die Stirn. „Spazieren“, wiederholte er skeptisch. „Du.“
Martin nickte leicht verunsichert.
Doch der Fremde beachtete ihn nicht. Stattdessen hob er seinen Blick und starrte in den Himmel.
„Das Wetter hält nicht mehr lange“, murmelte er dann. „Ich muss noch soviel ernten wie ich kann.“
Martin räusperte sich. „Sie dürfen hier nicht einfach so graben“, stellte er fest. Irgendjemand musste diese komische Figur schließlich in ihre Schranken weisen.
„Das Feld gehört dem Bauern.“
Der Fremde neigte seinen Kopf wieder zu ihm, biss sich kurz auf die Unterlippe, bevor er antwortete.
„Aber ich bin der Bauer.“
Martin kniff die Augen zusammen. „Wirklich?“, erkundigte er sich zweifelnd.
„Aber wo ist Ihr Traktor? Und diese Maschine zum Kartoffeln-Auflesen und Boden-Umgraben?“
Der Bauer räusperte sich, und sah Martin dann an, als habe er seinen Verstand verloren.
„Wovon redest du, Junge?“, fragte er dann und schüttelte gleichzeitig seinen Kopf, als erwarte er keine vernünftige Antwort auf diese Frage.
Martin zog seine Augenbrauen zusammen und schickte dem Mann einen bösen Blick, bevor er sich umdrehte, um nach landwirtschaftlichen Fahrzeugen Ausschau zu halten, die ihn früher einmal brennend interessiert hatten, aber mittlerweile nur noch langweilten.
Aber nicht nur, dass er nichts dergleichen sehen konnte; das soeben noch kahle, abgeerntete Feld sah aus wie ein wildes Gestrüpp, in dem zwischen Unkraut hin und wieder eine Kartoffelpflanze hervor sah.
„Was…?“ Martin starrte verblüfft in das Grün, und wandte sich dann wieder zu dem Bauern um. „Was ist passiert?“, fragte er entgeistert.
Dieser schüttelte nur ebenso ratlos den Kopf.
Dann streckte er seinen Arm aus, und wies auf den Jungen. „Du“, sagte er. „Du gehörst nicht hierher.“
Martin schluckte. „Wieso… ich meine, ich wohne hier.“
Der Mann schüttelte erneut seinen Kopf. „Sieh dich um“, empfahl er dann. „Du wohnst nicht hier. Ich kenne jeden und dich habe ich noch nie gesehen. Du trägst fremdartige Kleidung und redest seltsam. Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass du nicht zu uns gehörst.“
Martin presste die Lippen zusammen. Er atmete ein paar Mal durch die Nase ein und aus, bevor er sein Kinn in die Höhe reckte.
„Ich gehöre genauso hierher, wie Sie.“
Der Bauer räusperte sich und unterdrückte ein Grinsen. „In diesem Fall solltest du gleich mit anpacken, unpassende Kleidung hin oder her.“
Er sah prüfend an dem Jungen hinunter. „Groß genug bist du. Stark scheinst du auch zu sein. Ich wette du kannst wenigstens dafür sorgen, dass in den nächsten Tagen die Suppe auf den Tisch kommt.“
„Die Suppe?“
Martin klappte der Mund auf.
„Sicher“, nickte der Mann. „Fällt die Ernte zu mager aus, gibt es nichts auf dem Tisch. Vor allem im Winter ist das nicht zu empfehlen.“
„Und da soll ich was?“ Martin starrte ihn immer noch verblüfft an.
„Ernten? Was denn?“
Der Mann grinste. „Alles, was essbar ist. Viel Zeit bleibt uns nicht. Fang an mit den Kartoffeln. Und wenn du fertig bist, denk an das Wurzelgemüse.“
Martin verzog das Gesicht. „Und was krieg ich dafür?“
Der Mann schüttelte den Kopf. „Du verhungerst nicht, Junge. Das sollte dir reichen.“
„Ich… äh…“ Martin hustete, sah sich erneut um. Doch nichts an seiner Umgebung hatte sich geändert. Er musste sich wohl ganz ordentlich verlaufen haben, und Martin verwünschte seine mangelnde Vorsicht.
„Ich verhungere schon nicht“, behauptete er, als er sich wieder an den Mann wand. „Ich… gehe was kaufen“, fügte er unsicher hinzu und beobachtete wie sich der erstaunte Ausdruck im Gesicht des Mannes in ein breites Grinsen verwandelte, nur einen Augenblick bevor dieser in Lachen ausbrach.
In ein tiefes, dunkles und lautes Lachen. Der Bauer lachte ihn aus. Einfach so. Inmitten dieser Wildnis lachte ihn ein Mann in seltsamer bis peinlicher Kleidung, der mit einem Stock im Boden herumstocherte, einfach so aus.
Martin drehte sich um und rannte los. Er sah nicht vor sich und blickte nicht zurück. Er rannte einfach weiter, schlug Blätter und Zweige beiseite, die sich ihm in den Weg stellten, sprang über Hügel und plötzlich auftauchende, quer vor ihm liegende Baumstämme. Er schrammte sich seine Arme auf und sogar die Beine, als seine Jeans zerrissen.
Und trotzdem rannte er immer schneller, floh in steigender Panik vor dieser seltsamen Welt, die sich hinter ihm auftat.
Er floh solange, bis er stürzte, bis er kopfüber in eine Furche stürzte, in der er keuchend liegen blieb.
Sein Mund war voller Erde, seine Hände aufgerissen während des vergeblichen Versuches sich abzustützen, und seine Füße schienen fest zu stecken.
Martin strampelte sich frei, die Panik übermannte ihn, als er für einen Moment glaubte festgehalten zu werden. Mit einem Schrei kam er auf die Knie, spuckte Sand, Erde und Steine, bevor er wild um sich blickte.
Doch nur um auf entgeisterte Augen zu treffen, die ihn aus einiger Entfernung fragend ansahen.
Taumelnd erhob Martin sich, schwankte einen Moment, wartete bis sein Herzschlag sich beruhigte, der Schrecken nachließ.
Und als er nun um sich blickte, so befand er sich wieder auf dem braunen Feld, umgeben von kahler Erde. Gleichmäßige Furchen zogen sich über den Boden und in der Ferne ratterte ein Zug über die Gleise.
„Gottseidank“, stöhnte Martin auf. Und als er vor sich die Autos bemerkte, die unermüdlich über die Schnellstraße rasten, da lachte er beinahe auf, drehte sich um, sprang über die Gräben, hetzte in Richtung des Feldweges, zurück durch die Siedlung, entlang der Straßen, bis er vor seinem Haus die Mutter sah, die vielleicht etwas vergessen hatte, oder früher als sonst ihre Arbeit beenden konnte. Es spielte keine Rolle, denn als er auf sie zu rannte, da breitete sie ihre Arme aus, fing ihn auf und umarmte ihn.
Martin wischte sein Gesicht an ihrer Jacke ab, und seufzte erleichtert auf. „Das war schräg“, murmelte er, leise genug, dass sie ihn nicht hören konnte. ‚Sehr schräg‘, dachte er noch bei sich, bevor er die Erinnerung beiseite schob, und den Kopf hob, um seine Mutter verschmitzt anzusehen.
„Was gibt’s zu essen?“, fragte er und zwinkerte ihr zu. Ob sie ihn verstand oder nicht, spielte keine Rolle, sie nickte, lachte und hielt ihn fest. So wie es sich gehörte. So wie es sein sollte.

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