Sonntag, 5. Juli 2009

Schmerz

Titel: Mark
Autor: callisto24
Genre: Original Slash


Mark starrte auf den Boden. Er merkte nicht, wie er auf den Boden starrte, spürte nicht, wie die Zeit verging, wie seine Kollegen an ihm vorbeiliefen, viele achtlos, viele während sie einen merkwürdigen Ausdruck in ihrem Gesicht trugen.

Er wusste, dass er wenigstens den Anschein erwecken sollte, als täte er etwas Sinnvolles, und konnte sich doch nicht dazu überwinden, seinen Text in die Hand zu nehmen.
Das würde bedeuten, dass er ihn festhalten müsste, seine Augen auf die Buchstaben richten, auf das grelle Weiß des Papieres, das in seinem Kopf schmerzte, wenn die Scheinwerfer es erfassten.

Vielleicht sollte er sich zurückziehen, einen Ort aufsuchen, an dem er alleine sein konnte. Aber Mark brachte die Kraft dazu nicht auf. Er war erschöpft. Erschöpft seit langem. Seit Tagen, Wochen mit Sicherheit. Und er wusste warum.

Dazu kam, dass er, wenn er gehen würde, die Chance versäumte, ihn zu sehen. Ihn nur zu sehen. Mehr erwartete er gar nicht mehr und eigentlich war es traurig, wie bescheiden er geworden war.
Er, den einst niemand hatte stoppen können, zur Hölle, den auch jetzt niemand stoppte.

Schließlich war es nicht so, als habe er nichts zu tun. Im Gegenteil, er füllte seine Tage und Nächte mit Aktivitäten, mit Arbeit. Sein Glück bestand in dem Netzwerk aus Freunden, das er sich aufgebaut hatte, den vielen grundverschiedenen Menschen mit ihren unterschiedlichen Interessen und Unternehmungen, in die sie ihn nur allzu gerne einbezogen.
Nicht nur, weil er gerne mitmachte, weil er gerne unter Menschen war. Die Gesellschaft hatte er von Kindheit an dem Alleinsein mit seinen Gedanken vorgezogen. Zu quälend erschienen ihm diese häufig. Sie gingen in Richtungen, die mit Traurigkeit zu tun hatten, und gefährlich nahe an die Depression führten.

Es handelte sich demnach um eine angenehme Symbiose. Für ihn gab es etwas zu tun, Ablenkung, die Andeutung eines eigenen Lebens unabhängig von dem Mann, um den trotz allem seine Gedanken ohne Unterlass kreisten.

Und für seine Freunde stellte sich jeder Schritt, den er in Richtung Bekanntheit machte, als doppelt positiv heraus.
Sein Name bedeutete Werbung, seine Anwesenheit bedeutete Mädchen und Frauen, die Schlange standen, um sich ein Autogramm abzuholen oder ein Foto mit ihm zu ergattern.
Und er beteiligte sich gerne. Es waren die kleinen Schritte, die zum Erfolg führten, und Mark machte sich nichts vor.
In der heutigen Zeit, in der jeder ein Star sein wollte, war er ein kleines Licht. Gut – er hatte in einigen Serien Gastrollen, und in einigen Filmen Nebenrollen bekleiden dürfen, aber bis auf die aktuell laufende Produktion, reichte keine der Rollen wirklich aus, um seinen Namen den Zuschauern im Gedächtnis haften zu lassen.

Und obwohl es gut für ihn aussah, war er doch weit davon entfernt, durch seine Darstellung aufzufallen. Er war weit davon entfernt, Preise zu erhalten, Auszeichnungen oder auch nur lobende Erwähnungen seitens der Kritiker.
Die waren IHM vorbehalten, Norbert.
Natürlich – Norbert befand sich schon weitaus länger in diesem Geschäft, als er es tat. Norbert hatte Hauptrollen gespielt, und sich schon vor vielen Jahren einen Namen gemacht.
Er gehörte nicht zu den Großen, aber dem Zielpublikum, an das sich ihre Serie richtete, war er ein Begriff.

Bei Mark dagegen handelte es sich für die meisten um nicht mehr, als ein hübsches Gesicht. Er war einer der vielen jungen Kerle, die sich die Seele aus dem Leib spielen konnten, aber dennoch nur von einem kleinen Teil der Zuschauer wahrgenommen wurde.
Und zwar von denen, die in seinem Charakter etwas von sich wiedererkannten, denen seine Rolle etwas bedeutete. Nicht er, nicht der Schauspieler.
Selbst wenn sie sein Autogramm wollten, sprachen sie ihn mit seinem Serien – Namen an. Und Mark lachte dazu.
Warum auch nicht. Es war ein Schritt. Und er hatte Geduld. In den meisten Dingen.

Er stellte sich vor die Produkte, die seine Freunde fabrizierten, lächelte pflichtschuldig, fand warme Worte, stellte sein eigenes Wirken in den Hintergrund.
Zumindest versuchte er es.

Denn je mehr sein Bekanntheitsgrad anstieg, desto mehr Interesse wuchs trotz allem an seiner Person. Ein Interesse, das sich nutzen ließ. Ein Interesse, das allerdings auch Nachteile mit sich brachte.

Und je mehr er darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher kam es ihm vor, dass Norberts Verhalten der letzten Zeit damit zusammen hing.

Es konnte nicht daran liegen, dass Norbert ihn nicht mehr für anziehend hielt. Es konnte nicht daran liegen, dass der Ältere zu seiner Frau zurückgefunden hatte, sich seiner Verantwortung als Vater stellen wollte.
Es konnte auch nicht daran liegen, dass die Produzenten zu ihnen gekommen waren, zu ihnen beiden, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Serienbeziehung distanzierter angehen sollten.
Aber vielleicht war es doch gerade das?
Vielleicht war dies der Weckruf gewesen, der Norbert hochschrecken ließ, sein Verhalten überdenken.

Sie spielten Kollegen, Anwälte, die nebeneinander, miteinander arbeiteten. Kollegen, Freunde, die auch privat eine enge Beziehung unterhielten. Eng genug, dass sie in der gelegentlichen Kriminalhandlung gemeinsame Aktionen durchführten.
Aktionen, die Körpereinsatz erforderten, die Kontakt erforderten, Körperkontakt.

Sie zogen, stießen, schubsten sich gegenseitig in Deckung, flüchteten vor der Mündung einer Waffe oder warfen sich zu Boden während hinter ihnen eine Explosion imitiert wurde.
Eine Scheinwelt, in der mit allem gerechnet werden musste.

Kein Wunder, dass Norbert und Mark ihre Charaktere als verbunden begriffen. Miteinander verschweißt durch Erlebnisse der Vergangenheit und Bedrohungen der Zukunft.

Kein Wunder, dass sie ihre Verbundenheit durch Gesten und Blicke ausdrückten. Zumal ihnen sowohl Gesten, als auch Blicke nur allzu natürlich zuflogen, sich von selbst ergaben, je stärker auch das Band zwischen ihnen selbst und nicht nur zwischen den dargestellten Charakteren wurde.

Zuerst war es Freundschaft, gegenseitige Sympathie. Man ging Texte und Abläufe zusammen durch, trank einen Kaffee zusammen oder nach getaner Arbeit auch ein Bier.
Das gegenseitige Schulterklopfen wurde zum Ritual, die gelegentlichen Umarmungen zur Gewohnheit.

Bis es dann eines Tages daraus mehr wurde. Obwohl es nicht richtig war, obwohl sie beide wussten, dass es nicht sein konnte, nicht sein durfte.
Schon allein, weil Norbert gebunden war.

Und doch geschah es, und es geschah wieder. Einmal damit begonnen, konnten sie nicht mehr voneinander lassen.

Es war an einem jener Abende passiert. Nach einer der Shows, der Preisverleihungen, an denen sie teilnahmen, weil ihre Serie nominiert worden war. Nicht, dass sie gewann, und darauf kam es auch gar nicht an. Es war das Ereignis, das zählte, die Aufmerksamkeit, die ihrer Arbeit zuteil wurde, und die ihnen die zweite Staffel sicherte.

Sie tranken vielleicht ein wenig mehr als sonst, ein wenig mehr, als ihnen guttat, ihnen beiden guttat.
Mark zog es in der Regel vor, mit dem Alkohol behutsam umzugehen. Er kannte seine Neigung zu Drogen, die ständige Versuchung, die von dieser Seite auf ihn lauerte, und er hatte nicht vor, seine Fehler zu wiederholen.

Und Norbert berichtete hin und wieder von ähnlichen Erfahrungen aus seiner Jugend, von der Notwendigkeit, ein Auge auf sich selbst zu haben.

Doch an diesem Abend hatte niemand ein Auge, weder auf sich selbst, noch auf den anderen.
Und der Regisseur ließ nicht davon ab, nachzuschenken. Er ließ nicht davon ab, wieder und wieder dazu aufzurufen, anzustoßen, das Fest in die Länge zu ziehen. Immerhin war es der erste Auftritt der Besetzung gemeinsam vor den Kameras der Welt. Ihre Bilder würden den Weg über so gut wie jeden Kanal finden, in einem Großteil der Klatschblätter landen, und ihre Namen, sowie den der Serie über Grenzen hinaus bekannt machen.

Sie alle waren albern, alle die da waren. Sie alle umarmten sich, tanzten, lachten, ließen den Abend nur widerstrebend ausklingen.
Es war nichts dabei, sich ein Taxi zu teilen, schließlich übernachteten Norbert und er in dem gleichen Hotel. In Zimmern, die zufällig nebeneinander lagen.
Während der Fahrt lehnte Mark seinen Kopf gegen Norberts Schulter, und Norbert legte seinen Arm um den Jüngeren.
Sie fuhren durch die Nacht, und Mark blinzelte gegen die Lichter der Straße und stellte sich vor, es wären Sterne. Er stellte sich vor, sie flögen, sie brausten durch das Weltall, und der warme Körper neben ihm gab ihm Halt und Trost, die Versicherung, dass sie ihr Ziel wohlbehalten erreichten.

Und das taten sie. Das Taxi hielt, und Norbert half Mark, der sich etwas tapsig anstellte, und vernehmlich gähnte, aus dem Wagen.
„Das war wohl ein bisschen zu viel heute“, hörte Mark die raue Stimme des anderen an seinem Ohr, als er ihn sicher vorwärts geleitete.
Er lächelte leicht und sah auf die weichen Teppiche, die ihre Schritte aufsaugten. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und schwankte ein wenig mit dem Gefühl, dass er sich in einem Kreis von Lichtern um sich selbst drehte.

„Ein schönes Hotel“, murmelte er, und lächelte breiter, als er von weitem den verräterisch schleppenden Ton seiner Stimme als unverkennbares Anzeichen seines Rausches erkannte.
„Das ist es.“ Mark sah zur Seite, hoch zu Norberts Lippen, die sich langsam bewegten, die feucht und warm aussahen, verlockend.
Und unter dem Einfluss des Alkohols gestand er sich ein, dass er diese Lippen schon seit langem für verlockend hielt, dass sich der Arm auf seiner Schulter gut anfühlte, dass die Wärme an seiner Seite Trost versprach und vielleicht sogar mehr. Vielleicht sogar die eine Art von Liebe nach der er ständig auf der Suche war, und die zu finden er schon seit langem nicht mehr hoffte.

Mark stand still, als Norbert sich ihre Schlüssel aushändigen ließ, Worte mit dem Mann an der Rezeption wechselte, die im Strom von Marks Gedanken untergingen.
Er kam wieder zu sich, als Norbert ihm wieder seine Hand auf die Schulter legte, seine warme Hand – er spürte sie durch den Stoff hindurch – und ihn zum Fahrstuhl führte, vor dem sie kurz warteten, bis die Türen sich mit einem leisen Klingen öffneten.

Sie standen in der kleinen Kabine, und Norbert sah ihn an. Mark lehnte mit dem Rücken gegen eine Wand und hielt sich mit beiden Händen an der waagrechten Stange fest, während Norbert nur vor ihm stand, ihn nicht berührte, nichts sagte, ihn nur ansah.

Und Mark konnte nicht anders als zurück zu starren. Er blickte in diese großen, braunen Augen, die er lachen gesehen hatte oder weinen, die in der Lage waren jede Art von Emotion, die seine Rolle ihm gebot, auszudrücken, zu verstärken.

Und er bemerkte die Wimpern, die länger waren, als es sich eigentlich für einen Mann gehörte. Er bemerkte das dunkle Haar, das einen beinahe scharfen Kontrast bildete zu der fast zu blassen Haut.
Norbert hatte abgenommen in der letzten Zeit, Mark sah es nun deutlicher, als er es zuvor wahrgenommen hatte.
Er war schlanker geworden, und blasser. Er sah jünger aus. Sein Haar fiel ihm in die Stirn, seine Hände blieben vergraben in den Taschen des Anzuges. Und er blickte Mark unverwandt an, der seinerseits still zurückblickte.

Ein Ruck und das Klingen ertönte erneut, als sich die Türen wieder öffneten, als Mark endlich seine Augen von denen des anderen löste, und hinaustrat in den Gang.
Er stolperte leicht, als ihm der Unterschied zwischen dem Boden des Fahrstuhls und dem flauschig roten Teppich auffiel.
Doch schneller noch, als er sich wieder fangen konnte, griff Norbert nach ihm. Norbert, der neben ihn getreten war, ohne dass Mark es bemerkt hatte. Norbert, der ihn festhielt und ihn sicher weiterführte, bis sie die Nummern erreichten, die ihre Zimmer anzeigten.

„Kommst du klar?“ Mark mochte es sich einbilden, doch klang Norberts Stimme nicht fast ein wenig heiser, ein wenig unsicher – zu unsicher für einen Mann seines Alters, der gerade den Höhepunkt seiner Karriere erreichte?

Mark drehte sich zu ihm, und seine Augen blieben wieder an den Lippen hängen, an den sanften Kurven. Er sah zu, wie Norberts Zunge kurz und nervös hervor blitzte, wie sie über einen Teil der Unterlippe fuhr, einen glänzenden Streifen Speichel dort zurückließ.

Mark konnte nicht antworten. Er konnte auch nicht wegsehen. Er starrte den Größeren weiter an, starrte seine Lippen an, die leicht zitterten, bevor sie sich bewegten.

Und dann drehte Norbert sich von ihm weg, und für einen Augenblick fühlte Mark sich verloren und allein, bis er hörte, wie der Mann den Schlüssel in das Schloss schob, und mit einem Klicken die Tür öffnete. Und ohne nachzudenken stolperte Mark hinter ihm in das Zimmer. Es spielte keine Rolle, ob es sich um seines handelte oder um das von Norbert. Spielte keine Rolle, was passieren würde. Er wusste nur, dass er jetzt nicht alleine sein wollte.
Dass er es nicht ertragen könnte, von Norbert getrennt zu werden, und sei es auch nur durch eine Wand zwischen ihnen.

Er stolperte in das Zimmer, blinzelte als das Licht aufflammte, zuckte zusammen, als sich die Tür hinter ihm wieder schloss, und ein Schatten vor ihn trat.

„Brauchst du Hilfe?“ Norberts Stimme klang fast besorgt, und Mark lächelte und hob sein Gesicht zu dem des anderem.
„Nein“, sagte er, und seine Stimme kam wie aus weiter Ferne. „Ich brauche nur dich.“

Norbert schluckte. Mark fühlte mehr als er sah, wie sich sein Adamsapfel bewegte. Und dann fühlte er nichts mehr außer zwei starken Armen, die ihn umschlangen, zwei Lippen, die sich hungrig auf die seinen pressten.
Und er seufzte in den Kuss, als sich sein Mund zugleich mit dem des anderen öffnete, als eine Zunge die Konturen seiner Lippen nachfuhr, an seinen Zähnen entlang glitt, bis sie auf seine eigene Zunge traf, mit ihr spielte, bis Mark stöhnte, bis er zurückweichen und nach Luft schnappen musste.

Doch Norbert ließ ihn nicht fort. Er hielt Mark nah genug, dass dieser seine Wärme fühlte, seinen Atem atmete.

„Ist es das, was du willst?“, fragte Norbert heiser, und Mark konnte nur nicken. Dankbar nicken, aufgeregt und ein wenig beschämt, dass er es zugegeben hatte.

Daraufhin zog ihn Norbert näher an sich, barg sein Gesicht an Marks Schulter. „Ich kann nur nicht… ich… ich kann nicht…“
„Ich weiß.“ Mark streifte Norberts Kopf, fuhr dann mit seinen Fingern durch die dunkelbraunen Strähnen, die sich jedem Versuch sie in Form zu halten unermüdlich wiedersetzten.
Und er wusste es wirklich. Er wusste, wovon Norbert sprach, wusste, dass dieser nie seine Frau aufgeben würde, nie seine Familie verlassen.
Mark kannte ihn, er hatte ihm zugehört, aufmerksam zugehört, wenn dieser von Affären berichtete, schuldbewusst und trotzdem auf eine derart entwaffnende Art ehrlich, dass es Mark nicht möglich war, ihn zu verurteilen.

Er wusste selbst, wie leicht es sein konnte, wie hinterrücks sich die Versuchung heranschleichen, einen – den einen günstigen Augenblick abpassen konnte, um schließlich zu einer Handlung zu führen, die nicht zu verzeihen war, nicht wenn sie bekannt würde, nicht, wenn die Öffentlichkeit davon erführe.

Und so wusste er auch, dass Norbert seine Bindung ernst nahm, wusste und verstand es.
Er umfasste Norberts Kopf mit seiner ganzen Hand, und zog ihn näher, näher an seinen Hals.
„Ich weiß“, wiederholte er noch einmal. „Es macht nichts“, fügte er hinzu, als er fühlte wie sich Norberts Lippen gegen seine Haut bewegten, wie er sanfte Küsse bis zu seinem Nacken hinunter regnen ließ.

Und als habe Norbert darauf gewartet, drückte er Mark näher an sich, drückte ihn fest genug, dass er dessen Erektion spüren konnte, den Beweis dafür, dass es nicht nur Mark war, der sich seit langem die Nähe zwischen ihnen ersehnte.


Später, als sie im Bett lagen, ineinander verschlugen, ein konfuses Gemisch aus Armen, Beinen, aus verschwitzter Haut und erschöpften Gliedmaßen, küsste Mark die haarlose Brust auf der seinen Kopf ruhen ließ.

„Ich danke dir“, sagte er, und sah auf, als ein glucksendes Geräusch, ein Lachen an sein Ohr drang. „Du – dankst mir?“, fragte Norbert leise. „Ich bin es, der dir danken sollte. Du ahnst nicht, wie lange ich… wie sehr ich mich danach gesehnt habe.“

Mark stützte sich auf. „Dann ist es nicht zu Ende?“, fragte er, und erlaubte es seiner Stimme zu zittern.

„Nein“, antwortete Norbert. „Es ist nicht zu Ende.“ Und er ließ es zu, dass Mark sich über ihn warf, und sein Gesicht mit offenen Küssen bedeckte.

„Oh Gott… das ist… das ist…“
Mark fehlten damals die Worte, und er bewahrte diesen Augenblick in seinem Herzen wie einen Schatz, wohl wissend, dass es für eine lange Zeit der Schönste in seinem Leben sein sollte.

Obwohl es viele schöne Momente gab. Die Momente, die sie teilten, in Abgeschiedenheit, in Heimlichkeit, gestohlene Momente, fern vom Set, fern von den Verpflichtungen, die das Leben ihnen auferlegte.
Es gelang ihnen. Sie teilten und sie unterstützten sich. Sie traten gemeinsam auf, nutzten die Möglichkeiten, die ihnen allein durch die Arbeit geboten wurde.

Und wann immer sie konnten, schlossen sie eine Tür hinter sich, schlossen sich ab von den Augen der Öffentlichkeit, von den Augen anderer, und ergaben sich ihrer Leidenschaft.

Bis… bis vor ein paar Monaten alles anders geworden war. Nicht plötzlich, nicht von einem Tag auf den anderen. Sondern langsam, stückweise, ohne dass Mark die Veränderung zunächst in Worte oder auch nur in Gedanken fassen konnte.

Eine langsam wachsende Distanz. Es begann mit dem Gespräch, das die Produzenten mit ihnen geführt hatten. Und es hörte nicht auf, schlimmer zu werden, den Abstand, die Kluft zwischen ihnen vergrößerte sich mit jedem Tag. Und Mark wusste nicht, ob es daran lag, dass Norbert seine Rolle in den Alltag übernahm, oder ob es andere Beweggründe gab, Vorsichtsmaßnahmen, Bedenken, die ihn zurückweichen ließen.

Sie lernten nicht mehr zusammen, was hauptsächlich daran lag, dass sie weniger Szenen miteinander bekamen, dass ihre Charaktere Differenzen austrugen, deren Intensität Mark auch noch spüren konnte, wenn die Kameras längst ausgeschaltet waren.

Norbert war nicht mehr zu fassen. Er ließ sich nicht sprechen, nicht von ihm, und Mark ertappte sich dabei, wie er Nacht für Nacht dagegen ankämpfte, dass der Klumpen, den er in seinem Hals spürte, sich vergrößerte, stieg, sich entlud in einem Schrei oder in einem Sturzbach von Tränen.
Wie sollte er das erklären?
Wie jemandem, wie sich selbst deutlich machen?

Er hatte es gewusst, gewusst, dass es nicht von Dauer sein konnte, gewusst, dass Norbert nie für ihn da sein würde.
Und trotzdem wuchs der Schmerz in ihm, bis er beinahe unerträglich wurde, bis Mark sich auf seinem Bett zusammenrollte und wartete, bis er vorüber ging, bis die Welle anstieg und dann wieder abflachte, erträglich wurde, für eine Weile, bis die nächste Welle heran rollte.

Und seine Tage vergingen in dumpfer Gleichgültigkeit. Bis er sich an einem Ort wie diesem wiederfand, umgeben von Kollegen, von Freunden, die nicht wussten, nicht wissen konnten, was er fühlte, die vielleicht über ihn lachten, oder die ihn geflissentlich ignorierten, den Hoffnungsträger, der geholfen hatte, die Serie hochzubringen, doch der nun alle Anzeichen dafür aufwies, sich auf dem absteigenden Ast zu befinden.

Und er wartete, wartete auf ein Zeichen, auf ein Wort, einen Blick. Er wartete, dass Norbert wiederkäme, dass er zu ihm zurückkäme, dass er seine Vorbehalte vergessen konnte, und auf einmal vor ihm stünde, seine dunklen Augen in die Marks tauchte und ihm versicherte, dass er es nun erkannt habe. Dass sie zusammengehörten. Dass es nichts auf der Welt gab, das sie trennen konnte, nichts und niemand.

Doch es würde nicht geschehen. Nie geschehen.
Und Mark fühlte die Träne, die sich aus seinem Auge löste, die langsam, wie in Zeitlupe fiel, tiefer und tiefer, bis sie auf dem Boden aufkam und dort zerplatzte.
Es sollte nur eine sein, nur eine von vielen.

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